Praktische Hinweise zum Verhalten zu Beginn eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.
Häufig wird man als Beschuldigter zunächst durch die örtlich zuständige Polizeiinspektion darüber in Kenntnis gesetzt, dass strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden sind. Von Seiten der Polizei werden die vermeintlichen Tatvorwürfe dabei lediglich schlagwortartig und ohne nähere Details zu einem etwaigen Tatablauf mitgeteilt. Der Beschuldigte wird in diesem Zusammenhang dazu aufgefordert, entweder zu einer Vernehmung persönlich auf der Polizeidienststelle zu erscheinen oder eine schriftliche Stellungnahme zu den Tatvorwürfen abzugeben. Dieser Zeitpunkt bzw. die nun zu treffende Entscheidung stellt einen oft wegweisenden Faktor für den Verlauf des weiteren Verfahrens dar. Es gilt daher, in aller erster Regel Ruhe zu bewahren und keine voreiligen Aussagen zu treffen. In sehr vielen Fällen trifft daher das in der Überschrift genannte Sprichwort voll und ganz zu.
Um nicht in das Fahrwasser einer gefährlichen Selbstverteidigung zu geraten, empfiehlt es sich, zunächst einen Rechtsanwalt als Unterstützung hinzuzuziehen. Um das auf Seiten des Beschuldigten nach wie vor vorhandene Wissensdefizit in Bezug auf die angeblichen Tatvorwürfe auszugleichen, wird sich der Rechtsanwalt in einem ersten Schritt bei der Polizei melden und Akteneinsicht in die Ermittlungsakte beantragen. Der zuständige Sachbearbeiter der Polizei leitet die Akte sodann an die Staatsanwaltschaft weiter. Von dort erhält der als Strafverteidiger tätige Rechtsanwalt die Akte zur Verfügung gestellt. Auch wenn es im Rahmen dieses Vorgangs zum Erhalt der Ermittlungsakte zeitlich durchaus etwas dauern kann, besteht diesbezüglich kein Anlass zu Sorge. Vielmehr arbeitet die Zeit in den allermeisten Fällen für den Beschuldigten.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bilden beispielsweise Fälle, in denen der Beschuldigte verhaftet wurde und sich aktuell in Untersuchungshaft befindet, in denen erforderliche Arbeitsmittel wie Laptops oder Smartphones beschlagnahmt wurden oder in denen die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wurde. In den soeben genannten Situationen wird der erfahrene Strafverteidiger umgehend sämtliche Maßnahmen in die Wege leiten, um dem Beschuldigten unverzüglich helfend zur Seite zu stehen.
In allen anderen Fällen ist das vorläufige Abwarten auf die beantragte Ermittlungsakte alternativlos und daher aus anwaltlicher Sicht dringend zu empfehlen. Als Beschuldigter hat man das Recht, im Rahmen der Ermittlungen angehört zu werden. In diesem Zusammenhang hat der Beschuldigte einen unabdingbaren Anspruch darauf, über seinen Verteidiger Akteneinsicht zu erhalten. Solange dieser Anspruch durch die Ermittlungsbehörden nicht erfüllt ist, gilt es, zunächst keine Angaben zur Sache zu machen.
Erst wenn mit der gewährten Akteneinsicht die Karten und damit sämtliche Fakten von Seiten der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft auf den Tisch gelegt werden, wird gemeinsam durch den Mandanten und den Verteidiger entschieden werden, welche Taktik für das weitere Verfahren am sinnvollsten ist. Vorher gilt somit in den allermeisten Konstellationen: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Andreas Thomalla
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht
Augsburg