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Gesetzesänderung nach sexuellen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015

27 Jan 2017 | Strafrecht - Opferschutz

Das Gesetz zur Ver­bes­se­rung des Schut­zes der sexu­el­len Selbst­be­stim­mung ist mit Wir­kung zum 10.11.2016 in Kraft getre­ten. Dar­in ent­hal­ten ist eine erheb­li­che Erwei­te­rung der Straf­bar­keit für Über­grif­fe in das Recht auf sexu­el­le Selbst­be­stim­mung (50. Gesetz zur Ände­rung des Straf­ge­setz­bu­ches | BGBl I 2016, S. 2460). Die dabei maß­geb­li­chen Ände­run­gen sind im Wesent­li­chen in der neu­en Fas­sung des § 177 StGB (Sexu­el­ler Über­griff; sexu­el­le Nöti­gung; Ver­ge­wal­ti­gung) fest­ge­legt worden.

In § 177 Abs. 1 und 2 StGB wur­de dabei ein neu­er Grund­tat­be­stand des “Sexu­el­len Über­griffs” nor­miert. In die­sem Zusam­men­hang wur­de auch die in der öffent­li­chen Mei­nung bereits viel­fach dis­ku­tier­te “Nein-heißt-Nein-Lösung” im Gesetz fest­ge­hal­ten. Danach wird nun­mehr bereits bestraft, wer gegen den erkenn­ba­ren Wil­len einer ande­ren Per­son sexu­el­le Hand­lun­gen an die­ser vor­nimmt. Es fol­gen sodann fünf wei­te­re Kon­stel­la­tio­nen, die auf dem Aus­nut­zen gewis­ser Situa­tio­nen (Unfä­hig­keit bzw. erheb­lich ein­ge­schränk­te Fähig­keit zur Bil­dung oder Äuße­rung eines ent­ge­gen­ste­hen­den Wil­lens, Über­ra­schungs­mo­ment, Dro­hung mit einem emp­find­li­chen Übel: “Kli­ma der Gewalt”) basie­ren. In die­sem Zusam­men­hang wer­den in die Neu­re­ge­lung des § 177 StGB auch die Fall­be­rei­che des bis­he­ri­gen § 179 StGB (Sexu­el­ler Miss­brauch wider­stands­un­fä­hi­ger Per­so­nen) und des beson­ders schwe­ren Falls der Nöti­gung nach § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB mit auf­ge­nom­men. Die soeben erwähn­ten Vor­schrif­ten ent­fal­len damit künftig.

Eine wesent­li­che Straf­schär­fung folg­te des Wei­te­ren für Fäl­le, in denen die Unfä­hig­keit, einen Wil­len zu bil­den oder zu äußern, auf einer Krank­heit oder Behin­de­rung des Opfers beruht. Die­se Fall­kon­stel­la­ti­on wur­de im Zuge der Geset­zes­än­de­rung als Ver­bre­chen­s­tat­be­stand mit einer Min­dest­frei­heits­stra­fe von einem Jahr ausgestaltet.

Außer­dem wur­de mit § 184i StGB (Sexu­el­le Beläs­ti­gung) ein neu­er Straf­tat­be­stand der sexu­el­len Beläs­ti­gung erstellt. Nach der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge waren sexu­ell beläs­ti­gen­de Über­grif­fe oft­mals nicht straf­bar, weil weder eine sexu­el­le Hand­lung noch eine Belei­di­gung im Sin­ne des Straf­ge­setz­bu­ches vor­lag. Die­se Geset­zes­lü­cke will der Gesetz­ge­ber nun mit der neu­en Rege­lung des § 184i StGB schließen.

Schließ­lich wur­de im Nach­gang der Ereig­nis­se der Sil­ves­ter­nacht 2015/2016 in Köln mit dem neu­en § 184j StGB (Straf­ta­ten aus Grup­pen) noch ein Straf­tat­be­stand in Kraft gesetzt, der es unter Stra­fe stellt, dass sich eine Per­son an einer Grup­pe betei­ligt und in die­sem Zusam­men­hang bil­li­gend in Kauf nimmt, dass die­se Grup­pe zur Bege­hung einer Straf­tat eine ande­re Per­son sexu­ell bedrängt. Der Gesetz­ge­ber reagiert mit die­ser Neu­re­ge­lung auf den Umstand, dass Straf­ta­ten aus Grup­pen eine erhöh­te Gefahr für die jewei­li­gen Opfer der Taten dar­stel­len. Dies resul­tiert ins­be­son­de­re aus der Über­macht einer Per­so­nen­mehr­heit gegen­über der betrof­fe­nen Ein­zel­per­son. Eben­so ist es auf­grund des grö­ße­ren Gefü­ges einer Grup­pe leich­ter, aus der Grup­pe her­aus uner­kannt Straf­ta­ten zu bege­hen und sodann wie­der unter den anony­men Schutz­man­tel der Grup­pe zurück­zu­keh­ren. Eine Ver­fol­gung ent­spre­chen­der Straf­ta­ten wur­de somit bis­her teil­wei­se erheb­lich erschwert und soll nun mit der Ein­füh­rung des § 184j StGB bes­ser gelingen.

Andre­as Tho­m­al­la
Rechts­an­walt | Augsburg