Der Bundesgerichtshof verneint in einem aktuellen Beschluss das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln beim bloßen Aufbewahren des erzielten Erlöses und bei telefonischen Terminabsprachen der BtM-Geschäfte (Az. 1 StR 149/18).
Der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) in nicht geringer Menge setzt voraus, dass bei dem Mitführen von Schusswaffen oder gefährlichen Gegenständen die Gefahr besteht, dass der Täter quasi ohne Rücksicht auf Verluste seine Interessen bei dem unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln durchsetzt.
Ein Mitsichführen liegt in diesem Zusammenhang vor, wenn der Täter solche Gegenstände bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Der Gegenstand muss dabei nicht am eigenen Körper getragen werden. Es genügt, wenn er sich beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Griffweite befindet. Dabei reicht es aus, dass der gefährliche Gegenstand dem Täter in irgendeinem Stadium des Handeltreibens zur Verfügung steht.
Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte zur Tatzeit in einem Kellerabteil 880 Gramm Marihuana, 40 Gramm Kokain, 76 Gramm MDMA sowie 151 2C‑I Trips aufbewahrt. In der im selben Wohnhaus im neunten Stock gelegenen Wohnung hatte der Angeklagte ein Einhandmesser, einen Baseballschläger und einen Schlagring gelagert. In einer neben dem Bett abgelegten Umhängetasche befanden sich des Weiteren knapp 3.500,- EUR Bargeld.
Der Bundesgerichtshof argumentiert nun dahingehend, dass das bloße Aufbewahren des durch die Betäubungsmittelverkäufe erzielten Erlöses (und zwar unabhängig davon, ob dieser Geldbetrag mit eigenem rechtmäßig erworbenem Geld vermengt wurde oder nicht) keinen Teilakt des Handeltreibens darstelle. Dies gelte insbesondere auch für den vorliegenden Fall, dass das konkrete Umsatzgeschäft für den Betäubungsmittelhandel noch nicht beendet sei, weil die Bezahlung der auf Kommission erworbenen Betäubungsmittel an den Lieferanten noch ausstünde.
Weiterhin führt der Bundesgerichtshof aus, dass das schlichte Aufbewahren von Geldmitteln, auch wenn diese aus Betäubungsmittelverkäufen stammen und der Bezahlung des Lieferanten dienen sollen, schon keine auf Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit darstelle. Eine Ermöglichung oder Förderung des Betäubungsmittelumsatzgeschäftes wird dadurch allein noch nicht bewirkt. Im Ergebnis knüpfe der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG an das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dessen fördernde Teilakte, nicht jedoch an das bloße Vorhandensein von Geldmitteln an.
Soweit der Angeklagte im vorliegenden Fall mit Betäubungsmittelabnehmern Treffen zur Übergabe der Betäubungsmittel telefonisch von seiner Wohnung aus terminlich abgestimmt hat, konnte nicht konkret festgestellt werden, dass diese Absprachen die nicht geringe Menge der Betäubungsmittel Marihuana und Kokain betrafen. Aber auch für den Fall, dass die Terminsabsprachen diese Betäubungsmittel betroffen haben sollten, wäre der Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfüllt. Zwar ist beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge das Merkmal des Mitsichführens eines gefährlichen Gegenstandes an sich auch dann erfüllt, wenn dieser nur bei einer Tätigkeit mitgeführt wird, die den eigentlichen An- oder Verkaufsakt vorbereiten soll. In Fällen, in denen der Teilakt des Handeltreibens nach Lage der Dinge aber schlechterdings keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut darstellt, scheidet die Anwendbarkeit der Norm nach Ansicht des Bundesgerichtshofs im Wege einer teleologischen Reduktion aus.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshof hat das Landgericht München I im vorliegenden Fall die Gefahr, dass der Angeklagte einen gefährlichen Gegenstand im Rahmen der geführten Telefonate in tatsächlicher Hinsicht hätte einsetzen können, rechtsfehlerfrei verneint.
Andreas Thomalla
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht
Augsburg