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Aktuelles Urteil des Bundesgerichtshof zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

13 Aug 2018 | Alle Kategorien, Strafrecht - Strafverteidigung

Der Bun­des­ge­richts­hof ver­neint in einem aktu­el­len Beschluss das bewaff­ne­te Han­del­trei­ben mit Betäu­bungs­mit­teln beim blo­ßen Auf­be­wah­ren des erziel­ten Erlö­ses und bei tele­fo­ni­schen Ter­min­ab­spra­chen der BtM-Geschäf­te (Az. 1 StR 149/18).

Der Qua­li­fi­ka­ti­ons­tat­be­stand des bewaff­ne­ten Han­del­trei­bens mit Betäu­bungs­mit­teln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG)  in nicht gerin­ger Men­ge setzt vor­aus, dass bei dem Mit­füh­ren von Schuss­waf­fen oder gefähr­li­chen Gegen­stän­den die Gefahr besteht, dass der Täter qua­si ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te sei­ne Inter­es­sen bei dem uner­laub­ten Umgang mit Betäu­bungs­mit­teln durchsetzt.

Ein Mit­sich­füh­ren liegt in die­sem Zusam­men­hang vor, wenn der Täter sol­che Gegen­stän­de bewusst gebrauchs­be­reit in der Wei­se bei sich hat, dass er sich ihrer jeder­zeit bedie­nen kann. Der Gegen­stand muss dabei nicht am eige­nen Kör­per getra­gen wer­den. Es genügt, wenn er sich beim Han­del­trei­ben mit Betäu­bungs­mit­teln in nicht gerin­ger Men­ge in Griff­wei­te befin­det. Dabei reicht es aus, dass der gefähr­li­che Gegen­stand dem Täter in irgend­ei­nem Sta­di­um des Han­del­trei­bens zur Ver­fü­gung steht.

Im vor­lie­gen­den Fall hat­te der Ange­klag­te zur Tat­zeit in einem Kel­ler­ab­teil 880 Gramm Mari­hua­na, 40 Gramm Koka­in, 76 Gramm MDMA sowie 151 2C‑I Trips auf­be­wahrt. In der im sel­ben Wohn­haus im neun­ten Stock gele­ge­nen Woh­nung hat­te der Ange­klag­te ein Ein­hand­mes­ser, einen Base­ball­schlä­ger und einen Schlag­ring gela­gert. In einer neben dem Bett abge­leg­ten Umhän­ge­ta­sche befan­den sich des Wei­te­ren knapp 3.500,- EUR Bargeld.

Der Bun­des­ge­richts­hof argu­men­tiert nun dahin­ge­hend, dass das blo­ße Auf­be­wah­ren des durch die Betäu­bungs­mit­tel­ver­käu­fe erziel­ten Erlö­ses (und zwar unab­hän­gig davon, ob die­ser Geld­be­trag mit eige­nem recht­mä­ßig erwor­be­nem Geld ver­mengt wur­de oder nicht) kei­nen Teil­akt des Han­del­trei­bens dar­stel­le. Dies gel­te ins­be­son­de­re auch für den vor­lie­gen­den Fall, dass das kon­kre­te Umsatz­ge­schäft für den Betäu­bungs­mit­tel­han­del noch nicht been­det sei, weil die Bezah­lung der auf Kom­mis­si­on erwor­be­nen Betäu­bungs­mit­tel an den Lie­fe­ran­ten noch ausstünde.

Wei­ter­hin führt der Bun­des­ge­richts­hof aus, dass das schlich­te Auf­be­wah­ren von Geld­mit­teln, auch wenn die­se aus Betäu­bungs­mit­tel­ver­käu­fen stam­men und der Bezah­lung des Lie­fe­ran­ten die­nen sol­len, schon kei­ne auf Umsatz von Betäu­bungs­mit­teln gerich­te­te Tätig­keit dar­stel­le. Eine Ermög­li­chung oder För­de­rung des Betäu­bungs­mit­tel­um­satz­ge­schäf­tes wird dadurch allein noch nicht bewirkt. Im Ergeb­nis knüp­fe der Tat­be­stand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG an das Han­del­trei­ben mit Betäu­bungs­mit­teln und des­sen för­dern­de Teil­ak­te, nicht jedoch an das blo­ße Vor­han­den­sein von Geld­mit­teln an.

Soweit der Ange­klag­te im vor­lie­gen­den Fall mit Betäu­bungs­mit­tel­ab­neh­mern Tref­fen zur Über­ga­be der Betäu­bungs­mit­tel tele­fo­nisch von sei­ner Woh­nung aus ter­min­lich abge­stimmt hat, konn­te nicht kon­kret fest­ge­stellt wer­den, dass die­se Abspra­chen die nicht gerin­ge Men­ge der Betäu­bungs­mit­tel Mari­hua­na und Koka­in betra­fen. Aber auch für den Fall, dass die Ter­mins­ab­spra­chen die­se Betäu­bungs­mit­tel betrof­fen haben soll­ten, wäre der Qua­li­fi­ka­ti­ons­tat­be­stand des bewaff­ne­ten Han­del­trei­bens mit Betäu­bungs­mit­tel in nicht gerin­ger Men­ge nach dem Sinn und Zweck der Vor­schrift nicht erfüllt. Zwar ist beim Han­del­trei­ben mit Betäu­bungs­mit­teln in nicht gerin­ger Men­ge das Merk­mal des Mit­sich­füh­rens eines gefähr­li­chen Gegen­stan­des an sich auch dann erfüllt, wenn die­ser nur bei einer Tätig­keit mit­ge­führt wird, die den eigent­li­chen An- oder Ver­kaufs­akt vor­be­rei­ten soll. In Fäl­len, in denen der Teil­akt des Han­del­trei­bens nach Lage der Din­ge aber schlech­ter­dings kei­ne Gefahr für das geschütz­te Rechts­gut dar­stellt, schei­det die Anwend­bar­keit der Norm nach Ansicht des Bun­des­ge­richts­hofs im Wege einer teleo­lo­gi­schen Reduk­ti­on aus.

Nach Ansicht des Bun­des­ge­richts­hof hat das Land­ge­richt Mün­chen I im vor­lie­gen­den Fall die Gefahr, dass der Ange­klag­te einen gefähr­li­chen Gegen­stand im Rah­men der geführ­ten Tele­fo­na­te in tat­säch­li­cher Hin­sicht hät­te ein­set­zen kön­nen, rechts­feh­ler­frei verneint.

Andre­as Tho­m­al­la
Rechts­an­walt | Fach­an­walt für Straf­recht
Augs­burg