Aktuelles EuGH-Urteil zu einem deutschen Strafbefehl

26 Okt 2017 | Alle Kategorien, Strafrecht - Strafverteidigung

Der EuGH hat ent­schie­den, dass ein deut­scher Straf­be­fehl stets über­setzt wer­den muss, wenn der Betrof­fe­ne der deut­schen Spra­che nicht mäch­tig ist.

Das Urteil des EuGH vom 12.10.2017 (Az. C‑278/16) hat­te sei­nen Ursprung in der Ver­ur­tei­lung eines Nie­der­län­ders durch das Amts­ge­richt Düren wegen Unfall­flucht zu einer Geldstrafe.

Der Straf­be­fehl war in die­sem Ver­fah­ren in deut­scher Spra­che abge­fasst. Nur die Rechts­be­helfs­be­leh­rung war mit einer nie­der­län­di­schen Über­set­zung ver­se­hen. Das Land­ge­richt Aachen muss­te sodann in der nächs­ten Instanz klä­ren, ob der Nie­der­län­der recht­zei­tig Ein­spruch gegen den Straf­be­fehl ein­ge­legt hat. Die ent­schei­den­de Fra­ge war dabei, ob die Ein­spruchs­frist mit der Zustel­lung über­haupt zu lau­fen begon­nen hat­te, obwohl eine Über­set­zung des Straf­be­fehls fehl­te. Mit die­ser Fra­ge trat das Land­ge­richt an den EuGH heran.

Sodann muss­te der EuGH Art. 3 der Richt­li­nie 2010/64 über das Recht auf Dol­met­scher­leis­tun­gen und Über­set­zun­gen in Straf­ver­fah­ren auslegen.

Er kam zu dem Ergeb­nis, dass ein Rechts­akt wie ein im natio­na­len Recht vor­ge­se­he­ner Straf­be­fehl zur Sank­tio­nie­rung von min­der schwe­ren Straf­ta­ten, der von einem Rich­ter nach einem ver­ein­fach­ten Ver­fah­ren erlas­sen wird, eine “wesent­li­che Unter­la­ge” im Sin­ne von Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2010/64 dar­stellt. Von die­ser wesent­li­chen Unter­la­ge müs­sen ver­däch­ti­ge oder beschul­dig­te Per­so­nen, die die Spra­che des betref­fen­den Ver­fah­rens nicht ver­ste­hen, gemäß den von die­ser Bestim­mung auf­ge­stell­ten Form­erfor­der­nis­sen eine schrift­li­che Über­set­zung erhal­ten. Damit soll gewähr­leis­tet wer­den, dass die ver­däch­tig­ten bzw. beschul­dig­ten Per­so­nen imstan­de sind, ihre Ver­tei­di­gungs­rech­te voll­um­fäng­lich wahr­zu­neh­men, womit letz­ten Endes ein fai­res Ver­fah­ren sicher­ge­stellt wird.

Andre­as Tho­m­al­la
Rechts­an­walt | Augsburg