Der EuGH hat entschieden, dass ein deutscher Strafbefehl stets übersetzt werden muss, wenn der Betroffene der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
Das Urteil des EuGH vom 12.10.2017 (Az. C‑278/16) hatte seinen Ursprung in der Verurteilung eines Niederländers durch das Amtsgericht Düren wegen Unfallflucht zu einer Geldstrafe.
Der Strafbefehl war in diesem Verfahren in deutscher Sprache abgefasst. Nur die Rechtsbehelfsbelehrung war mit einer niederländischen Übersetzung versehen. Das Landgericht Aachen musste sodann in der nächsten Instanz klären, ob der Niederländer rechtzeitig Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat. Die entscheidende Frage war dabei, ob die Einspruchsfrist mit der Zustellung überhaupt zu laufen begonnen hatte, obwohl eine Übersetzung des Strafbefehls fehlte. Mit dieser Frage trat das Landgericht an den EuGH heran.
Sodann musste der EuGH Art. 3 der Richtlinie 2010/64 über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren auslegen.
Er kam zu dem Ergebnis, dass ein Rechtsakt wie ein im nationalen Recht vorgesehener Strafbefehl zur Sanktionierung von minder schweren Straftaten, der von einem Richter nach einem vereinfachten Verfahren erlassen wird, eine “wesentliche Unterlage” im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/64 darstellt. Von dieser wesentlichen Unterlage müssen verdächtige oder beschuldigte Personen, die die Sprache des betreffenden Verfahrens nicht verstehen, gemäß den von dieser Bestimmung aufgestellten Formerfordernissen eine schriftliche Übersetzung erhalten. Damit soll gewährleistet werden, dass die verdächtigten bzw. beschuldigten Personen imstande sind, ihre Verteidigungsrechte vollumfänglich wahrzunehmen, womit letzten Endes ein faires Verfahren sichergestellt wird.
Andreas Thomalla
Rechtsanwalt | Augsburg