Über 800 Autofahrer konnten sich im Zeitraum zwischen 2013 und 2016 darüber freuen, dass die von ihnen begangenen Ordnungswidrigkeiten verjährt sind. Ein pensionierter Amtsrichter steht deshalb nun wegen des Vorwurfs der Rechtsbeugung vor Gericht.
Das Landgericht Rostock muss dabei der Frage nachgehen, ob der angeklagte Richter die Verkehrsdelikte bis zu deren Verjährung hat liegen lassen. Ein ehemaliger Richterkollege hat bereits als Zeuge ausgesagt, dass es am zuständigen Amtsgericht Güstrow allgemein bekannt gewesen sei, dass der angeklagte Richter sich nicht in der Lage sah, das von ihm verlangte Arbeitspensum zu schaffen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 57-jährigen Angeklagten vor, insgesamt 816 Ordnungswidrigkeiten so lange nicht bearbeitet zu haben, bis er sie wegen des Eintritts der Verjährung ohne größeren Aufwand einstellen konnte.
Der Zeuge führte dabei weiter aus, dass in Bezug auf den angeklagten Kollegen der Eindruck entstanden sei, dass dieser Verfahren aus den Rechtsbereichen wie Strafrecht oder Familienrecht “nicht so richtig konnte”.
Nach Auffassung des Zeugen, der unter anderem selbst Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten bearbeitet hat, war das übliche jährliche Pensum eines Bußgeld-Richters in Höhe von ca. 1.400 Verfahren durchaus schaffbar. Der Zeuge war im Rahmen seiner Aussage abschließend der Meinung, dass der angeklagte Kollege nicht faul gewesen sei, “er habe einfach nicht verstanden, warum wir der Meinung waren, dass er das schaffen muss.”
Durch das Landgericht Rostock wurde in der Zwischenzeit ein psychiatrischer Gutachter beauftragt, der nunmehr feststellen soll, ob der Angeklagte schuldfähig ist. Mit einem Urteil ist voraussichtlich erst im Herbst 2019 zu rechnen.
Andreas Thomalla
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht
Augsburg